MODESTY BLAISE

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Großbritannien 1966
Regie: Joseph Losey
Drehbuch: Evan Jones, Harold Pinter, Stanley Dubens, Peter O’Donnell
Vorlage: Peter O’Donnell (Comic+Roman)
Produzent: Joseph Janni
Kamera: Jack Hildyard
Musik: Johnny Dankworth
Darsteller: Monica Vitti, Terence Stamp, Dirk Bogarde
120 min

Eurospy/Comic-Kultfilm mit Längen

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Obwohl in den 60ern die Eurospy wucherten (je nach Definitionsauslage dürften zwischen 200 und 500 James Bond-Rip Offs gedreht worden sein), gibt es tatsächlich nur drei davon mit Frauen in den Hauptrollen. Der Bekannteste ist MODESTY BLAISE mit Monica Vitti.
Vitti ist die Meisterdiebin Modesty Blaise, die von der britischen Regierung beauftragt wird, Diamanten im Wert von 50 Millionen einem Scheich zu übergeben. Denn der finstere Halunke Gabriel hat es auf die Steine abgesehen. Modesty holt ihren alten Kumpel Willie Garvin als Unterstützung ins Boot und schon kann geschossen, geliebt und Ähnliches werden.
Tausendsassa Joseph Losey hat eine lange filmische Karriere vorzuweisen. Wie nur wenige westliche Regisseure deckte er dabei auch fast alle Genres ab. Einige Tops, aber auch einige Flops sind dabei, wobei die Comic-Verfilmung MODESTY BLAISE eher im positiven Mittelfeld einzuordnen ist.
Das große Manko von MODESTY BLAISE ist seine zweistündige Dauer. Eine halbe Stunde weniger und die Verfilmung eines zigmal abgewandelten Drehbuchs wäre der perfekte 60s-Female-Spy-Film geworden. Schuld an der für einen Eurospy ungewöhnlichen Laufzeit ist vor allem die ausgedehnte Nebenhandlung um Modestys Erzrivalen Gabriel, der entweder auf seiner Jacht oder seinem mediterranen Insel-Domizil rumlümmelt, begleitet von seinen Ganoven und schlechten Gags. Der andere Grund ist der ignorante Umgang mit der Comic-Vorlage. Autor Peter O’Donnells oberstes Gebot für seine Geschichten um Modesty war, dass diese niemals eine Affäre mit ihrem Sidespin Willie Garvin anfangen würde. Naja, im Film passiert das eben, was uns wieder zehn überflüssige Minuten mehr beschert.

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Die Liebesgeschichte ist nicht die einzige radikale Abkehr von der Vorlage. Modesty Blaise ist im Comic schwarzhaarig, die Vitti-Verkörperung blond. Warum Vitti, die ihre Haarfarbe im Gegensatz zu einigen Ikonen ihrer Größenordnung fast von Film zu Film wechselte, das hier nicht tat, weiß wohl nur ihr Hoffriseur. Immerhin wird die Ignoranz mit Selbstironie konterkariert: In einer Szene ist das Original-Comic zu sehen und die Vitti kurz danach im Vorlagenkostüm und -perücke.
Ansonsten hat aber MODESTY BLAISE alles, was Eurospy und Comicverfilmungen so wunderbar pulpig machen. Einen eingängigen Titelsong, Popart-Kulissen vom Feinsten, diverse bunte Kostüme für die italienische Ikone, Verfolgungsjagden, Schießereien, Taucherszenen, Mittelmeerkulissen und zwei hervorragend aufgelegte Superhelden, eben die Vitti als Blaise und Terence Stamp als Garvin. Wenn da nur nicht dieser Gabriel mit seinem pseudo-sophisticated-Englishman-Getue wäre…
Der Film ist weltweit zum Kultfilm gereift und Herr Tarantino hat sich schon vor über einem Jahrzehnt die Rechte daran gesichert. Bis auf das lahme Remake MY NAME IS MODESTY (2003), das mit dem Stempel „Quentin Tarantino präsentiert“ versehen wurde, ist aber bis jetzt nichts in die Richtung passiert, obwohl das sowas von nach Tarantino-Verramschung schreit. Er könnte immerhin zwischen 200 und 500 Filme zitieren…
reda

P.S: Im Anhang nicht der Original-Trailer, sondern die liebevolle japanische Variante davon, inklusive dem Titelsong der Band „David and Jonathan“

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Arthouse-Exploitation-Gewichtung 30:70

Schulnote: 2

Dieser Film beschert Menschen einen unterhaltsamen Abend, die
DIE WÖLFIN (Edouard Logereau)
FEUERDRACHE (Leslie H. Martinson)
GEFAHR DIABOLIK (Mario Bava)
mochten

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