KAZA-HANA

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Japan 2000
Regie: Shinji Somai
Drehbuch: Raimi Mori
Vorlage: Sho Narumi
Produzent: Yukiko Shii
Kamera: Hiroshi Machida
Musik: Yoshihide Otomo
Darsteller: Kyoko Koizumi, Tadanobu Asano
116 min

Unaufgeregtes Road Movie-Meisterwerk

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Shinji Somai war ein Freund der Langsamkeit, ein Beobachter, der seine Schauspieler machen lässt, eine Art japanischer Mike Leigh: Seine Darsteller wirken echt, die Figuren nicht gespielt. KAZA-HANA, Somais letzter Film handelt vom Sterben und ist dabei ein klassischer Erzählfilm wie aus dem Lehrbuch. Eigentlich die Sorte Film, die Filmstudenten um die Ohren gehauen wird, um alle Dreiakter-Klischees für einen Setzkastenfilm aus dem Drehbuchseminar herunterzurotzen. Die Einleitung, die stufenweise Einführung der Figuren, der Auslöser der Geschichte. Diese Figuren begeben sich auf eine Reise, im Zweifelsfall eine Reise, die sie zu besseren Menschen macht, was das auch immer heißen mag. Sie erzählen sich Geschichten, kleine Anekdoten schweißen sie zusammen. Schön brav erfolgt der Plotpoint, wo alles noch einmal ein bisschen kippt. Dann klingt der Film aus. Um die Figuren muss ein Hauch von Tragik wehen, sie sollten aus dem Leben gegriffen sein. Ein bisschen Leid, ein bisschen Mitleid und am Ende ein bisschen Hoffnung, um aus dem Kino zu gehen und Zaungast zweier Schicksale gewesen zu sein. Das Lieblingsfremdwort Empathie schwebt dabei über allem.

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Eigentlich ist KAZA-HANA, bis auf die Somai-typischen Plansequenzen, ein solcher Setzkastenfilm: Karrierist Renji (Japans Tausendsassa Tadanobu Asano) braucht etwas Auszeit. Er kommt mit seinem Leben nicht mehr zurecht und frönt der Trunksucht. Die Hure Yuriko (das ehemalige Super-Idol Kyon Kyon / Kyoko Koizumi) will ihr Kind besuchen, dass sie bei ihren Eltern gelassen hat, damit sie nur sich selbst verpflichtet ist. Beide lassen Tokio hinter sich und fahren in die verschneite Heimat von Yuriko. Der Schnee wirds schon richten. Der Zyniker und die heilige Hure lernen sich kennen und lieben. Keine wirklichen Überraschungen gibt es hier, nur eines fällt, wie immer bei Shinji Somai, auf: Die Unaufgeregtheit, die Sparsamkeit der Mittel, die Kleinigkeiten, die das ungleiche Pärchen charakterisieren. Das sind keine Kaputtniks, das sind Menschen, die auf dem Standstreifen fahren, ab und an auf die rechte Spur fahren, überholt wird nicht. Am Ende der Reise hat Somai alle Lehrbuchkriterien übererfüllt: Statt Empathie regiert die Wärme.
KAZA-HANA wurde von hartnäckigen Somai-Fans als unwürdiger letzter Film gescholten: Zu wenig Kameraspielereien, zu klassisch das Muster. Der Zynismus der Filmkritiker ist manchmal unglaublich: Da dreht ein Regisseur, der mit 37 innerhalb eines Jahres drei gigantische Meisterwerk-Monolithen gedreht und mit Anfang 50 viel zu früh das Leben hinter sich hat, seinen letzten Film – und den, wie sollte es auch anders sein – über das Sterben, an dessen Ende Hoffnung steht und der Film wird wegen seiner Einfachheit kritisiert. Wenn alles schon gemacht wurde, ist Reduktion der logische Weg.
KAZA-HANA ist einer der einfachsten, langsamsten, schönsten, traurigsten, wärmsten und hoffnungsvollsten Road Movies überhaupt.
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Arthouse-Exploitation-Gewichtung 100:0

Schulnote: 1

Dieser Film beschert Menschen einen unterhaltsamen Abend, die
STRAIGHT STORY (David Lynch)
ME TOO (Alexei Balabanow)
CHILDREN OF NATURE (Fridrik Fridriksson)
mochten

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