THE DEMON (Il Demonio)

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Italien/Frankreich 1963
Regie, Drehbuch: Brunello Rondi
Produktion: Ugo Guerra, Federico Magnaghi, Luciano Martino
Kamera: Carlo Bellero
Musik: Piero Piccioni
Darsteller: Daliah Lavi, Frank Wolff
94 min

Bauerndrama über Aberglaube und Dummheit

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Vielleicht weil ich selbst aus der Pampa komme: schier unerträglich sind für mich Filme über vorsätzliche Einfältigkeit. JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN oder ZAUBER VON MALENA sind da Paradebeispiele. Wenn sich zu dieser Negation des menschlichen Gehirns religiöser Aberglaube bis hin zu Fanatismus gesellt, sind wir bei IL DEMONIO angelangt.
Was einen erwartet, wird schon grob im Vorwort angedeutet: „The producer would like to thank Professor Ernesto De Martino of the University of Cagliari whose funding made possible our ethnological studies in the south of Italy. This film is based on a recent and tragic true story. The rites, the spells and the demonic possessions you will see are scientifically verifiable and are a fact of life in Italy, just as they are anywhere else in the world.“
Daliah Lavi spielt Purificazione (die wohl auf Deutsch Innozenzi heißen würde), ein Luder vorm Herrn. So alle hat die sie nicht auf der Kette, denn sie hält sich für eine Hexe, flucht fleißig rum und belegt ihren angebeteten Antonio mit einem Fluch, indem sie ihn ihr (Menstruations?-) Blut saufen lässt. Der glaubt den Mist, und als er nach einer Heirat mit einer Anderen von Pustelwucherungen geplagt wird, pimpert er zur eigenen „Reinigung“ die verdorbene Purificazione und bringt sie danach um, um von ihrem Bann erlöst zu sein. Er ist da keine Ausnahme in „Incest-Village“. Die Doppelmoral der einfältigen Dorfgemeinschaft zeigt sich nämlich nicht nur in wahrhaft mittelalterlichen religiösen Ritualen, sondern in der generellen Verkommenheit ihres männlichen Anteils: Da Purficazione als Hexe verschrien ist, wird sie nicht nur von einem Schafhirten vergewaltigt, sogar der exorzierende Priester kann sich nicht zurückhalten.

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Gerne wird dieses Bauern-Psychodrama als Horrorfilm abgestempelt, denn Genredefinitionen sind oft ähnlich einfältig wie die Dorfbewohner in IL DEMONIO. Nette Schublade, doch warum werden dann nicht alle Michael-Haneke-Filme, vor allem DAS WEISSE BAND, als Horrorfilme klassifiziert? IL DEMONIO handelt zwar u.a. von Exorzismus, nimmt mit Lavis „Spider Walk“ auch Linda Blairs Verbiegungen in DER EXORZIST schon 10 Jahre vorweg, ist aber bar jeglichen „übernatürlichen“ Schnickschnacks.
Die verstörende eindringliche Inszenierung ist weit entfernt von Exploitation-Räkelungen einer MAGDALENA (1974), dank einer wirklich hervorragenden Daliah Lavi (sie selbst nannte IL DEMONIO als einzige schauspielerische Leistung, auf die sie stolz sei) als Purificazione, deren hysterisches Krankheitsbild bestimmt nicht von einer unbefleckten Empfängnis herrührt. Die Psychoanalyse ist eben 1963 noch nicht in der italienischen Walachei angekommen.
Doch das Fazit ist traurig: JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN, ZAUBER VON MALENA, DAS WEISSE BAND und IL DEMONIO sind eigentlich völlig überflüssige Fingerübungen, denn aufgeklärte Menschen werden sich danach nur bestätigt fühlen. Bei IL DEMONIO zum Beispiel wird das kritisierte Selbstreflexions-Extremverdrängungs-Klientel, falls sich jemand davon in den Film verirrt, lediglich die Stirn runzeln und zum Tagesgeschehen übergehen.
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Arthouse-Exploitation-Gewichtung 80:20

Schulnote: 2+

Dieser Film beschert Menschen einen unterhaltsamen Abend, die
JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN (Peter Fleischmann)
DER ZAUBER VON MALENA (Giuseppe Tornatore)
DAS WEISSE BAND (Michael Haneke)
mochten

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